07.08.2013

PRVA- und ÖPR-Stellungnahme zu PR-Fragen im Telekom-Prozess

Usancen in der heimischen PR-Branche

"Es gibt am heimischen PR-Markt im Wesentlichen die zwei Verrechnungsarten: monatliche Agentur-Betreuungspauschalen und Verrechnung nach Zeitaufwand. Es ist Branchenstandard, dass PR-Agenturen ihren Rechnungen schriftliche Leistungsaufzeichnungen beilegen, aus denen Art, Inhalt und zumeist auch der Zeitaufwand für die erbrachten Leistungen klar erkenntlich sind. Und es ist absolut nicht branchenüblich, dass Zahlungen, welche Unternehmen nicht über die eigene Buchhaltung an politische Parteien, diesen nahestehenden Organisationen oder an mit politischen Mandaten versehenen Personen leiten wollen, über PR-Agenturen an die Empfänger weitergeleitet werden", betonen die heimischen PR-Branchenvertretungen PRVA (Public Relations Verband Austria) und ÖPR (Österreichisches PR Gütezeichen) in einer gemeinsamen Stellungnahme. Für Gutachten im Zusammenhang mit dem Telekom-Prozess bzw. Hochegger-Verfahren wurden PRVA und ÖPR gebeten, Fragen bezüglich der betrieblichen Praxis im Bereich Public Relations zu beantworten.

"Für uns sind diese Stellungnahmen sehr wichtig, um darzulegen, wie PR-Agenturen tatsächlich arbeiten bzw. wie sich die Zusammenarbeit zwischen PR-Agenturen und Auftraggebern gestaltet. Auch um damit das durch die Aussagen von Herrn Hochegger in der Öffentlichkeit erzeugte Bild der PR-Branche richtig zu stellen und um dem Gericht die tatsächliche Sachlage zugänglich zu machen", so PRVA-Präsidentin Ingrid Vogl und ÖPR-Vorsitzende Susanne Senft. Beide verweisen auf die große Bedeutung der Ehrenkodizes der internationalen und österreichischen PR-Branche.

Die Fragen und Antworten der gemeinsamen PRVA- und ÖPR-Stellungnahme in vollem Wortlaut:

Ist es branchenüblich bzw. kommt es häufig vor, dass Zahlungen, welche Unternehmen nicht über die eigene Buchhaltung an politische Parteien, diesen nahestehenden Organisationen oder an mit politischen Mandaten versehenen Personen leiten wollen, über PR-Agenturen an die Empfänger weitergeleitet werden?

Nein, das ist weder zulässig noch branchenüblich. PR-Agenturen leisten im Regelfall nur Zahlungen im Auftrag und mit Budget ihrer Kunden an Dritte, wenn diese Dritten als Sublieferanten Leistungen erbracht haben, die in direktem Zusammenhang mit den von den Agenturen erbrachten Kommunikations- und Beratungsleistungen stehen. Solche Sublieferanten sind in der Praxis etwa Dienstleister aus den Bereichen Druck, Grafik-Design, Layout, Werbung, Übersetzungen, Markt- und Meinungsforschung, Versandlogistik etc. Die Bezahlung von Rechnungen politischer Mandatare oder politischer Organisationen via PR-Agenturen erfolgt daher nur in absoluten Ausnahmefällen und ist nur zulässig, wenn oben erwähnte Punkte zutreffen, also z. B. dann, wenn es sich um Verrechnungen von Redner-Honoraren, Saal-Mieten bei Veranstaltungen, gemeinsamen Publikationen oder Ähnlichem handelt, für die eine konkrete Leistung erbracht wurde.

In welchem Ausmaß und in welcher Form werden Tätigkeiten im PR- Bereich dokumentiert und wie erfolgt üblicherweise eine Leistungsdokumentation gegenüber dem Kunden? Inwieweit sind solche Leistungsdokumentationen Ihrer Erfahrung nach kundenseitig erwünscht, respektive sogar explizit als Voraussetzung für die Bezahlung von Honorarentgelten verlangt?

Es ist Branchenstandard, dass PR-Agenturen ihren Rechnungen schriftliche Leistungsaufzeichnungen beilegen, aus denen Art, Inhalt und zumeist auch der Zeitaufwand für die erbrachten Leistungen klar erkenntlich sind. Denn PR-Agenturen müssen selbstverständlich die gesetzlich und finanzrechtlich vorgeschriebenen Dokumentationspflichten für die von ihnen erbrachten und verrechneten Leistungen erfüllen. In welchem Detaillierungsgrad die Agenturen diese Aufzeichnungen führen, wird bei Auftragserteilung mit dem Kunden vereinbart und hängt auch von der Art der Leistungsabgeltung (z. B. Monatspauschale oder Arbeitszeitverrechnung nach Manntagen, Stunden etc.) ab.

Bei pauschal bezahlten Projekten oder bei mit Monatspauschalen bezahlten Agenturbetreuungen wird im Regelfall von den Agenturen vor allem schriftlich festgehalten, an welchen Projektteilen (Veranstaltungen, Texte, Publikationen, Aussendungen, Meetings etc.) und von welchen Personen im Rechnungszeitraum konkret gearbeitet wurde.

Nicht nur die Kunden fordern solche Mindestaufzeichnungen im Regelfall ein, auch die zuständigen Finanzbehörden kontrollieren diese bei Prüfungen im Hinblick auf Plausibilität und die tatsächliche Beauftragung und Leistungserbringung. Das zumeist vorhandene kundeninterne Controlling kontrolliert in vielen Fällen zusätzlich die Rechnungen und Leistungen der PR-Agenturen auch auf Zielerreichung, Effektivität der Ergebnisse bzw. auf Plausibilität der eingesetzten Mittel.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass PR-Agenturen und Dienstleister im Namen und Auftrag ihres Kunden nur Handlungen setzen, die zuvor mit dem Kunden gemeinsam geplant und von ihm explizit beauftragt wurden. Das ist schon deshalb notwendig, da Kunden sonst in vielen Fällen die Bezahlung der erbrachten Leistungen verweigern könnten.

Bei jenen Aufträgen und PR-Betreuungen, die von heimischen Agenturen nach Zeitaufwand verrechnet werden, kommen in der Praxis noch detailliertere Arbeits- und Leistungsaufzeichnungen wie oben erwähnt zum Einsatz. Die Rechnungen werden dann zumeist direkt und vollkommen transparent aus elektronischen Zeiterfassungssystemen der Agenturen erstellt. Hier gibt es am heimischen Markt etablierte IT-Systeme, die – ähnlich wie bei Anwälten – die erbrachten Arbeiten, z. B. im Viertelstunden-Takt, aufzeichnen und auswerten lassen.

Auf Basis welcher Faktoren ist die Honorarberechnung in der PR-Branche üblich und welche Verrechnungsmodalitäten bestehen bezüglich allfälliger Erfolgshonorare (z.B. bei Erreichung des Ziels in Form einer erwirkten Gesetzesänderung) bzw. sind solche überhaupt üblich?

Wie oben erwähnt, gibt es am heimischen PR-Markt für den Arbeitsbereich „Öffentlichkeitsarbeit“ im Wesentlichen folgende Verrechnungsarten:

  1. Monatliche Agentur-Betreuungspauschalen – auf Basis eines in Abstimmung mit dem Kunden erstellten Arbeitsprogrammes (Ausgangssituation, Ziele, Zielgruppen, Strategie, Maßnahmen, Erfolgskontrolle)
  2. Verrechnung nach Zeitaufwand – Stundensätze, Manntage, monatlich oder projektspezifisch

Erfolgshonorare sind in der klassischen Medienarbeit (redaktionelle Journalistenbetreuung) unüblich und in den meisten Fällen in Branchenkodizes untersagt, da auch keine Erfolgsversprechungen zur Berichterstattung in unabhängigen Medien getroffen werden können und dürfen.

Im Arbeitsbereich „Lobbying“, der von einigen PR-Agenturen in Österreich ebenfalls angeboten wird, war es auch in Österreich lange Zeit – meist auf Kundenwunsch – durchaus üblich, erfolgsabhängige Honorare bzw. Prämien bei Zielerreichung zu vereinbaren. Mittlerweile verpflichten die diesbezüglichen Branchenverbände ihre Mitglieder Entgeltvereinbarungen, die ausschließlich oder überwiegend erfolgsabhängige Komponenten enthalten, weder anzubieten noch anzunehmen.

Rückfragen:
PRVA: Dr. Ingrid Vogl, PRVA-Präsidentin, 0664/623 10 53; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Mag. Petra Schwiglhofer, PRVA-Sekretariat, 01/ 715 15 40; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
ÖPR: Susanne Senft, ÖPR-Vorsitzende, 0664/2487275, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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