Polygamie in der Agentur-Kunde-Beziehung

Cornelia Kunze (rechts im Bild) und Mirjam Jentschke verbringen schon viele Jahre Seite an Seite. Kunze ist eine erfahrene Kommunikationsstrategin, die seit rund 30 jahren im globalen Agenturbusiness tätig ist, ihr Spezialgebiet ist die Markenartikelindustrie. Jentschke wiederum war von 2015 bis 2021 Global Head of Brand Management für Siemens Hausgeräte und quasi die Kundin in diesem Zweiergespann.

Ihre lange und äußerst erfolgreiche Zusammenarbeit hat die Kommunikationsprofis dazu animiert, ein Fachbuch der besonderen Art zu verfassen, das kürzlich im Springer Gabler Verlag erschienen ist: „Die Agentur-Kunde-Beziehung: erfolgreich durch Perspektivwechsel" beleuchtet das Binnenverhältnis zwischen Agentur und Kunden detailliert, lässt dabei keine blinden Flecken aus und zeigt klar auf, welches Mindset nötig ist, um eine agile, effektive und motivierende Zusammenarbeit mit Bestand zu entwickeln.. 


Im Interview mit PRVA.at erklären Cornelia Kunze (CK) und Miriam Jentschke (MJ), warum ein Pitch nur in klar definierten Fällen die passende Maßnahme ist, um eine neue Agentur zu finden und wie beide Seiten falsche Erwartungen vermeiden.

Was ist für Sie das wichtigste Kriterium für eine langfristig erfolgreiche Agentur-Kunden-Beziehung?

CK: Agenturen und Kunden haben zu jedem Moment die Möglichkeit, sich neue Partner zu suchen, gleichzeitig oder nacheinander. Die Beziehung ist in dieser Hinsicht polygam. Wünscht man sich eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit, müssen sich beide Partner immer wieder an Alternativen messen lassen. Sie müssen sich im gegebenen Kontext immer wieder fragen, welchen Wert sie in die Partnerschaft einbringen und welchen Wert sie aus der Partnerschaft ziehen.

In Ihrem Buch betonen Sie, dass ein Pitch nur in besonderen Fällen zum Einsatz kommen sollte. Welche sind das?

MJ: Ein Pitch oder eine Ausschreibung machen dann Sinn, wenn die Langfristigkeit und das Volumen des Auftrags in einem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand des Pitchprozesses steht. Und das gilt für beide Seiten. Es ist eine kaufmännische Entscheidung. Für ein 50.000-Euro-Budget wird keine Agentur einen größeren Aufwand betreiben wollen. Für ein dreimonatiges Projekt muss kein Wettbewerb durchgeführt werden, der ebenfalls drei Monate dauert. Wer die Agentur für die nächsten drei Jahre oder länger verpflichten möchte, wer Strategiefähigkeit, Kreativität und Chemie testen möchte, der entscheidet sich für einen Pitch.

Auch falschen Erwartungen widmen Sie breiten Raum, da diese oft dafür verantwortlich sind, dass eine Zusammenarbeit scheitert. Was meinen Sie damit genau?

CK: In der Agenturauswahlphase können beide Partner überprüfen, ob sie zusammenpassen. Es geht darum, eigene Bedürfnisse und Notwendigkeiten zu definieren, mit anderen Stakeholdern abzustimmen und dann entsprechend eine Agentur mit diesen Qualifikationen zu suchen.
MJ: Kunden suchen oft kreative Agenturen, brauchen aber traditionelle Umsetzer. Agenturen wollen ihre Kreativität darin ausleben, eine Traditionsmarke zu revolutionieren, vernachlässigen aber, dass manche Kunden zu diesem Weg nicht bereit sind. Oft wird die eierlegende Wollmilchsau gesucht. Und das ist nicht realistisch.

Buchverlosung bereits abgeschlossen!

Wir danken für das rege Interesse an der Verlosung dieses Fachbuchs und gratulieren dem glücklichen PRVA-Mitglied, das nach Ende der Einsendefrist per Zufallsprinzip ausgewählt wurden. Viel Spaß beim Lesen und Schmökern!