Litigation PR: Im Gerichtssaal der öffentlichen Meinung


Wenn sie gut gemacht wurde, dann ist Litigation PR nicht sichtbar. Diesen Standpunkt teilen die meisten Expertinnen und Experten. Entstanden ist diese besondere Form der Public Relations in den 1980er-Jahren in den USA. Die Mehrzahl der gerichtlichen Auseinandersetzungen endet damals mit einem Vergleich. Aber die „letzte Wahrheit“ bildete sich im „Gerichtssaal der öffentlichen Meinung“. Und dort wird ein Urteil rascher und schonungsloser als von einem echten Gericht gefällt – in vielen Fällen inklusive massivem Schaden für die Reputation. 

Im neuen Fachbuch „Litigation PR - Storytelling, Strategie & rechtlicher Rahmen“ untersuchen PRVA-Mitglied Nicole Bäck-Knapp (Bild, Credit: E&P/Kurt Keinrath) und ihre Kolleginnen Anna Harmer und Nele Renzenbrink von der Wiener Agentur Ecker & Partner gemeinsam mit Anwält:innen, Journalist:innen und Richter:innen die grundlegenden Aspekte der Ligitation PR aus verschiedenen Blickwinkeln.


Im Interview mit PRVA.at spricht Nicole Bäck-Knapp über Unterschiede zwischen Europa und den USA und verrät ihren Litigation PR-Lieblingsfall. 

Muss man Jurist:in sein, um in der Ligitation PR erfolgreich zu sein? Gibt es spezielle Ausbildungen in diesem Bereich?
Nicole Bäck-Knapp: „Litigation PR ist strategische Kommunikation, bei der man rechtliche Rahmen, Abläufe und Logiken mitdenken muss. Diese muss man verstehen, dazu muss man aber nicht Jurist:in sein. Es gibt aktuell keine Ausbildungen, jedoch immer mehr Events, Tagungen und natürlich Literatur, die bei der Weiterbildung unterstützen.“

Warum hat diese PR-Disziplin in Österreich und Europa weniger Bedeutung als im angloamerikanischen Raum?
„Das juristische System funktioniert in den USA vollkommen anders. Es fängt damit an, dass viele, vor allem strafrechtliche Prozesse von Geschworenen und Laienrichter:innen entschieden werden, die durch mediale Berichterstattung sicher leichter beeinflussbar sind als Berufsrichter:innen. Es ist außerdem bei Klagen in den USA viel mehr Geld im Spiel und damit wird Reputation von Unternehmen zu einem gefährdeten Wert, der von der einen Seite öffentlich angegriffen wird und von der anderen besonders stark geschützt werden muss. Darüber hinaus haben die Boulevardisierung der Medienlandschaft und damit die Skandalisierung von Rechtsfällen früher eingesetzt und sind sicher stärker als bei uns ausgeprägt.“

Welchen Fall würden Sie als Paradebeispiel einer gelungenen Litigation PR-Kampagne bezeichnen?
„Ulli Hoeneß fand nach einem Gefängnisaufenthalt wieder zurück als Präsident von Bayern München. Er hat Selbstanzeige erstattet und gab Schuld zu, sprach vom ,Fehler seines Lebens', gab sich geläutert. Das half zwar nicht beim Richterspruch, sehr wohl aber dabei, wieder in sein altes Leben zu treten.“

 Alle Bilder: (c) E&P / Kurt Keinrath

Buchverlosung bereits abgeschlossen!

Wir danken für das rege Interesse an der Verlosung der beiden Fachbücher, die wir im Newsletter vom 2.Dezember bekanntgegeben haben, und gratulieren den beiden glücklichen PRVA-Mitgliedern, die nach Ende der Einsendefrist (6.12.2021) per Zufallsprinzip ausgewählt wurden. Viel Spaß beim Lesen und Schmökern!