19.05.2025

Wie die WKÖ mit KI ihre Kommunikationszukunft gestaltet

© Nadine Studeny 

Generative KI prägt die Kommunikationsbranche aktuell wie kein anderes Thema. Doch zwischen Euphorie und Skepsis gilt es, klare Positionen zu beziehen und verantwortungsvolle Strategien zu entwickeln. Wie dies in der Praxis aussehen kann, erläutern Dieter Marek, Leiter Digital Media & Communication (DMC) der WKÖ, und Julia Bültmann-Daschütz, Teamleiterin Social Media DMC, anhand konkreter Erfahrungen und Use Cases der Wirtschaftskammer Österreich. Ein Gespräch über Chancen, Herausforderungen und den Weg in eine zukunftsfähige Kommunikation.

Herr Marek, kein Thema bewegt die Kommunikationsbranche aktuell so sehr wie der Einsatz von generativer KI. Während die einen von den schier unendlichen Möglichkeiten schwärmen, warnen andere vor den massiven Auswirkungen etwa auf den Arbeitsmarkt. Wo stehen Sie in der Frage um diesen Hype?

Marek: Ein Hype ist per se einmal nichts Schlechtes, da er Themen in den Mittelpunkt rückt und dazu anhält, sich aktiv mit diesen auseinanderzusetzen. Aber: Ein Hype macht noch keine Strategie. Wir haben daher für den KI-Einsatz in unserem Newsroom einen klaren Stufenplan festgelegt, beginnend vom Prompten, über die Sammlung von Use-Cases und den Einsatz von CustomGPTs bis hin zur Automatisierung ganzer Prozesse. Das Wichtigste dabei: Wir müssen die Chancen in den Mittelpunkt stellen und nicht die Risiken. Deshalb haben wir als Kommunikationsabteilung auch den Lead bei der Erstellung der KI-Guidelines für die WKÖ übernommen. Gemeinsam mit der IT, der Rechts- und Personalabteilung ist es gelungen, die Guidelines chancenorientiert mit einem positiven Mindset zur Technologie zu gestalten.

Inwiefern ist die Offenheit und positive Grundhaltung der WKÖ gegenüber generativer KI ein integraler Bestandteil der übergeordneten Kommunikationsstrategie? Ist der Einsatz sogar notwendig, um die WKÖ-Kommunikation zukunftsfähig und wirkungsorientiert zu gestalten?

Marek:  Unsere Kommunikationsstrategie zielt darauf ab, mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten und unsere Mitglieder bestmöglich zu informieren und zu unterstützen. Gleichzeitig ist der KI-Einsatz zur Erreichung unserer Kommunikationsziele auch absolut notwendig. Dazu ein kurzes Beispiel: Um 2025 mindestens denselben Zielwert bei den generierten Views in der Digitalkommunikation zu erreichen wie vor zwei Jahren, braucht es heute deutlich mehr und gezieltere Aktivitäten. Das ist aber nur möglich, wenn ich mehr Personal einsetze oder mit neuen technischen Möglichkeiten mehr und besseren Output generieren kann. Der Einsatz von generativer KI ermöglicht es uns, Inhalte schneller zu erstellen, zielgruppenspezifisch anzupassen und auf verschiedenen Kanälen effizient zu verbreiten. Dadurch bleiben wir relevant und können unsere Kommunikationsziele effektiver erreichen.

Wie wirkt sich der Einsatz von KI auf die Arbeit in Ihrer Abteilung aus? Gibt es Use Cases, in denen sie sich als besonders hilfreich erwiesen hat?

Marek: KI hat unsere Arbeitsweise erheblich verändert. Ein klassisches Beispiel ist der Einsatz von CustomGPTs für die Erstellung von Kampagnenideen, Video-Konzepten, Newslettern oder Presseaussendungen. Wir haben mit CustomGPTs quasi unser Team um viele weitere digitale Kolleginnen und Kollegen erweitert, die uns bei unserer Arbeit unterstützen.

Lassen Sie uns das konkret machen, Frau Bültmann-Daschütz: Welche "Quick-Wins" haben sich insbesondere für die Anforderungen und Formate des Social Media-Teams als besonders wertvoll erwiesen?

Bültmann-Daschütz: Ein großer Quick-Win war allgemein die Implementierung von Custom GPTs, die speziell auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten sind. Beispielsweise nutzen wir ein eigens entwickeltes CustomGPT, welches auf die Erstellung von komplexen Newsletter-Texten spezialisiert ist. Ein anderes hilft uns bei der Erstellung von Video-Skripten für wiederkehrende Videoformate, z.B. unsere „3 in 30“-Reels. Diese Anwendungen sparen uns als Team insgesamt wertvolle Zeit, erhöhen die Qualität unserer Inhalte und schaufeln kreative Kapazitäten frei, die sonst in anderen Tasks gebunden wären. Es lässt sich ebenso feststellen, dass durch einen konstant wachsenden Workload bei einem in etwa gleichbleibenden Verhältnis von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Tasks ohne KI-Support on the long run kaum mehr stemmbar wären.

Wie hat sich die Rolle der KI im Teamalltag im Laufe der Zeit verändert?

Bültmann-Daschütz: Ich sage immer “Vom ‘nice’ zum ‘essential to have’”. Mit der Zeit haben wir einfach erkannt, wie vielseitig und hilfreich diese Technologie sein kann. Heute ist KI ein fester Bestandteil unseres Arbeitsalltags und unterstützt uns in vielen Bereichen – von der Content-Erstellung bis hin zur Datenanalyse. Wichtig ist dabei, dass wir die Kontrolle behalten und KI als unterstützendes Werkzeug nutzen. Was ich persönlich als sehr spannendes Learning aus den letzten paar Monaten KI-Einsatz mitnehme: Gerade beim Einsatz von CustomGPTs ist es wichtig, über den Tellerrand hinauszudenken. Wir haben etwa dank Task Mapping erkannt, dass ein scheinbar kleiner Arbeitsschritt viel Zeit frisst und die betroffenen Kolleginnen und Kollegen wahnsinnig nervt und frustriert. Durch die Automatisierung genau dieses Taks konnten wir die Zufriedenheit im Team massiv steigern -  ein richtiger Quick-Win.

Herr Marek, Sie haben bereits erwähnt, dass es in der WKÖ Richtlinien für den KI-Einsatz gibt. Was muss man sich darunter vorstellen und warum waren diese notwendig?

Marek: Wir haben sehr früh klare Richtlinien für den Einsatz von KI-Tools entwickelt. Diese zeigen Möglichkeiten bei der KI-Nutzung auf und geben einen Rahmen für die Themen Datenschutz, Urheberrecht, redaktionelle Verantwortung und die Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten vor. Es war uns wichtig, einen Rahmen zu schaffen, der den verantwortungsvollen Umgang mit KI gewährleistet, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Sicherheit und Orientierung gibt und gleichzeitig Innovation fördert. Nur so können wir das Vertrauen unserer Mitglieder und der Öffentlichkeit erhalten.

Zum Abschluss noch ein kleiner Blick in die Zukunft: Wie sehen Ihre nächsten Schritte beim KI-Einsatz aus?

Marek: Wir planen, den Einsatz von KI weiter auszubauen und neue Anwendungsbereiche zu erschließen. Dazu gehört beispielsweise die Integration von KI in unsere internen Prozesse, um Effizienz und Qualität weiter zu steigern. Zudem möchten wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch niederschwellige Austauschformate und Workshops noch besser auf den Umgang mit KI vorbereiten. Unser Ziel ist es, jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter im Newsroom mit KI eine digitale Kollegin zur Seite zu stellen.