ECM-Studie: Wie tickt Österreichs, wie tickt Europas PR-Branche?
Bereits zum 16. Mal wurde heuer der European Communication Monitor als internationales Studienprojekt durchgeführt. Die weltweit größte Befragung der Kommunikationsbranche, nimmt einmal jährlich aktuelle Themen und Trends des Berufsfelds unter die Lupe. Am Dienstag, 5.7., präsentierten die Österreich-Verantwortlichen Sabine Einwiller und Michael Roither die Ergebnisse im Headquarter von A1 in Wien. Österreichs PR-Branche konnte bei der Veranstaltung in Kooperation mit dem PRVA als erste die Ergebnisse live und in Präsenz erleben und diskutieren.
PRVA-Präsidentin Karin Wiesinger sagte eingangs: „Auf die Ergebnisse des European Communication Monitor warten wir in der Branche jedes Jahr gespannt. Er ist eine wichtige Standortbestimmung für die aktuellen Trends und Meinungen dazu und ermöglicht einen langfristigen Vergleich über viele Jahre hinweg.“ Danach gab Michael Höfler, Director Corporate Communications und Corporate Citizenship der A1 Telekom Austria Group, einen Einblick in die Kommunikationsarbeit im Unternehmen: „Auch wir organisieren uns aktuell stärker in Richtung redaktioneller Content-Erstellung für die unterschiedlichen Kanäle. Eine der größten Herausforderungen für uns ist die breite Desinformation in der Gesellschaft – das Leugnen wissenschaftlicher Fakten reicht von 5G über Covid19 bis zur Klimakrise.“
Sabine Einwiller, Professorin für PR-Forschung an der Uni Wien und Vorsitzende des PR-Ethik-Rats, und Michael Roither, FH-Professor für Digitale Medien und Kommunikation sowie Leiter des gleichnamigen Studiengangs an der FH Burgenland, gaben danach Einblicke in die Ergebnisse mit Fokus auf die Situation in Österreich. „Von den 1672 Teilnehmer:innen 43 Ländern stammten 82 aus Österreich. Die Schwerpunktthemen umfassten heuer Diversity, Equality und Inclusion, empathische Führung in Kommunikationsteams, CommTech und die Qualität der Kommunikationsberatung.“
Die wichtigsten Themen für Kommunikationsverantwortliche bis 2025: Vertrauen und Business-Orientierung der Kommunikation im Fokus
- Building & maintaining trust 39,3 % (Ö: 38 %)
- Linking business strategy and communication 37 % (Ö: 40 %)
- Dealing with sustainable development and social responsibility: 34,5 % (Ö: 40 %)
- In Österreich noch sehr hoch bewertet: Dealing with the speed an volume of information flow (30,3 % europaweit, in Ö dagegen 39 %).
Die wichtigsten Ergebnisse zu den vier Fokusthemen:
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Diversity, Equality und Inclusion
- 50,7 % europaweit verfolgen die gesellschaftliche Debatte darüber (Ö: 45 %), während 49,5 % wahrnehmen, dass DEI im Land stark diskutiert wird (Ö: 55 %).
- Die Gefahr des Vertrauensverlusts bei zu positiver Kommunikation über DEI Initiativen sehen 74,6 % der Befragten (Ö: 69 %).
- Stark auf DEI darauf achten in der Kommunikation 69,4 % der Befragten (sogar 76 % in Ö).
- Die Verantwortung für derartige Initiativen liegt aber überwiegend bei anderen Organisationseinheiten.
- Bei den einzelnen Dimensionen sind „Generation/Age“, „Ethnicity and Nationality“, „Gender (identity) und LGBTQ+“ mit jeweils über 50 % dominant, in Österreich sind die Gender-Aspekte mit 62% besonders bedeutsam.
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Empathie der Führungskräfte: Wichtig für Zusammenhalt, volatiler Arbeitsmarkt
- Führungskräfte im Kommunikationsbereich werden zu 73 % (Ö: 81%) für empathisch gehalten, 57 % (Ö: 54 %) nahmen dabei sogar eine Steigerung im abgelaufenen Jahr wahr.
- Die Folgen davon: Wer für eine empathische Führungskraft arbeitet hat eine stärkere emotionale Bindung zur Organisation, mehr Engagement bei der Arbeit, eine bessere psychische Gesundheit und eine geringere Absicht, den Job zu wechseln.
- 27,5 % der Antwortenden gaben an, im kommenden Jahr auf der Suche nach einem neuen Job zu sein; in Österreich ist dieser Wert mit 13 % deutlich niedriger. Im aktuellen Job bleiben wollen 54 % der Befragten europaweit (Ö: 64%).
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CommTech und digitale Transformation: Unterschiedliches Bild und Erwartungen, Österreichs PR-Verantwortliche weniger wechselwillig
- Etwas über 35 % beschäftigen sich aktuell mit den Entwicklungen rund um „CommTech“, also der Nutzung von Software und Diensten zur Digitalisierung der Kommunikationsfunktion.
- Allerdings erwarten etwas über die Hälfte Veränderungen im Berufsfeld, in den Kommunikationsabteilungen und im persönlichen Arbeitsstil.
- Wenn es um den konkreten Einsatz im Kommunikationsablauf geht, werden mögliche Vorteile stärker gesehen und erwartet als potenzielle Risiken, die rund ein Drittel sehen.
- 6,2 % würden sich in Bezug auf den Einsatz von CommTech als Innovatoren bezeichnen (Ö: 4 %), 20,2 % als Early Adopters (18 %) und 36,7 % als Early Majority (Ö: 44 %).
- Hindernisse werden vor allem aufgrund inadäquater Strukturen und Prozesse wahrgenommen aber auch aufgrund unzureichender persönlicher Qualifikation.
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Qualität in der Kommunikationsberatung: Höhere Orientierung an Standards bei Dienstleistern
- Die Antworten zeigen einen steigenden Bedarf an externer Beratung in der Kommunikation mit Stakeholdern 59 % (Ö: 54 %).
- Die Kommunikationsbranche wird von 63,9 % (Ö: 67 %) zunehmend vielseitiger und komplexer wahrgenommen.
- Die Sicherung der Qualität wird gleichzeitig schwieriger für 60,1 % (Ö: 53 %).
- In Österreich wird die Projektkoordination zwischen Kund:innen und Berater:innen als besonders wichtig für die Qualitätssicherung gesehen (94 % vs. 87,7 % europaweit).
- Die Forderung nach Qualitätsstandards für Consultants war mit 67,8 % (Ö: 72 %) deutlich höher ausgeprägt als für die Kund:innenseite; hier gibt es nur 60,7 % Zustimmung (Ö sogar nur 50 %).
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