LET’S TALK SILENT – Ein Abend im Café Gutmut

Let’s talk silent – Wie Kommunikation entsteht, wenn Worte fehlen

Zu einer besonderen Ausgabe des PRofiTreff lud das PRVA-Team Oberösterreich ins Café Gutmut und eröffnete damit einen Abend, der weit über ein klassisches Netzwerktreffen hinausging. Im Fokus stand eine einfache, aber folgenreiche Frage: Was passiert, wenn Kommunikation ohne Lautsprache funktioniert?

Es gibt Orte, die man nicht einfach betritt, sondern die einen empfangen. Das Café Gutmut in der Linzer Bischofstraße ist einer dieser Orte. Österreichs erstes Gebärdensprachcafé, in Leben gerufen als Social Business der Barmherzigen Brüder Linz, öffnet nicht nur seine Türen, sondern auch neue Perspektiven darauf, was Begegnung bedeuten kann.

Mag.(FH) Stefanie Breiteneder, Leitung Gesundheitszentrum für Gehörlose/Sozialbereich, führt in die Idee hinter dem Café Gutmut ein: ein Ort, an dem Fähigkeiten und Potenziale statt Beeinträchtigungen im Zentrum stehen, an dem Menschen mit Hörbeeinträchtigung eine arbeitsplatznahe Ausbildung erhalten, begleitet von Role Models, Trainer:innen und einem inklusiven Team aus hörenden und gehörlosen Schlüsselkräften. Ein Ort, der Mut macht, Inklusion nicht als Konzept, sondern als gelebten Alltag zu begreifen. Ein Ort, der beweist, dass wirtschaftliches Denken und soziale Verantwortung nicht in einem Spannungsfeld stehen müssen, sondern sich gegenseitig verstärken können.

Martin Gebetsberger, Leitung Job.com und selbst gehörlos, erzählt mit Humor, Präzision und großer Offenheit aus seinem Leben zwischen zwei Welten. „Still ist es bei uns selten“, beginnt er und entlarvt damit den Veranstaltungstitel als liebevolle Themenverfehlung. Seine Schilderungen reichen weit zurück: in die 1980er-Jahre, als die Gebärdensprache an Schulen verboten war. Eine historische Realität, die im Raum hörbares Unverständnis auslöst. Er spricht über internationale Gebärdensprachkulturen, Dialekte, Begegnungen und darüber, wie selbstverständlich seine Familie – zwei hörende Kinder, auch CODAs (Children of deaf adults) genannt, eine gehörlose Partnerin – den Alltag zwischen Welten navigiert.

Seine Erzählung erreicht uns durch Mag. Stefanie Thurnher, Gebärdensprachdolmetscherin im Team Job.com, die mit jener Leichtigkeit dolmetscht, die nur entsteht, wenn jemand etwas wirklich beherrscht. Sie wird zur lebendigen Brücke zwischen ÖGS und Lautsprache und lässt erfahrbar werden, dass Gebärdensprache kein universelles System ist, sondern eine kulturell geprägte Vielfalt mit eigenen regionalen Dialekten und Codes. Und plötzlich wird klar, warum schon eine Blumenvase auf dem Tisch zur Barriere werden kann: Sichtbarkeit ist hier Voraussetzung für Verständigung.

Gleichzeitig wurde deutlich: Wer kommuniziert, trägt Verantwortung.
Für Sichtbarkeit. Für Zugänge. Für Räume, in denen Menschen verstanden werden.

Im gemeinsamen Austausch wurde klar, wie viel sich aus dieser Perspektive für unsere berufliche Praxis ableiten lässt:

• Zuhören als Haltung, nicht als Technik.
• Diversität als Bereicherung für Teams und Kommunikation.
• Achtsamkeit für Bedürfnisse, die jenseits unserer eigenen Wahrnehmung liegen.
• Begegnung als Kern jeder wirksamen Kommunikation.

Die Wärme dieses Abends entsteht nicht zuletzt durch jene, die diesen Ort täglich mit Leben füllen: Mia, Leiterin des Cafés seit September, und ihre Kollegin Selina verwöhnten mit bestem Coffee, Matcha Latte mit Hafermilch, heißem Apfelpunsch und einem liebevollen Buffett.

Danke an alle, die sich Zeit genommen haben für einen Abend voller Impulse, ehrlicher Einblicke und Perspektiven, die lange nachwirken werden.

Fotos: Mathias Lauringer, mehr Bilder unter: https://www.bestspaceevents.com/user-collection-list/details/basic/20251201-C230/